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Gemüsegärtnerei Zurmühle

Der Nüsslisalat vom Vierwaldstättersee

Die Treibhäuser, welche sich feinsäuberlich neben dem Wasser aufgereiht haben, scheinen zu schlafen. Bald werden sie wieder erwachen, mit roter und grüner Farbe, mit emsigem Treiben. Dann, wenn der Frühling in’s Land gezogen ist.

Seline eilt mir entgegen. Sie ist schwanger, im 9. Monat. Das erste Kind kam etwas früh, es kann jeden Moment losgehen. Jener Umstand hält sie jedoch nicht davon ab, die Geschicke der Gemüsegärtnerei Zurmühle weiterhin fest in ihren zierlichen Händen zu halten. Noch schnell ein Telefon da und eine Instruktion dort, bevor wir in einem der grossen Gewächshäuser Nüsslisalat inspizieren. Sorgfältig in Reih und Glied gesetzt, gedeiht jener prächtig, um schon bald auf den Tellern der Tavolago angerichtet zu werden. Im Moment baut der zertifizierte Biobetrieb Salat und etwas Spinat an. Das Kerngeschäft mit den verschiedenen Tomatensorten, Gurken oder Kräutern startet später. Dann, wenn es wärmer ist. Seline gehört der 5. Generation der Zurmühle-Familie an, arbeitete selbst jedoch lange als Friseurin und Kosmetikerin. So stehen die langen gepflegten Haare und das sorgfältig aufgetragene Augenmakeup im Kontrast zu ihren Händen, deren Haut von der harten Arbeit mit der Erde erzählen. Als vor einigen Jahren die Frage der Nachfolge wie ein Damoklesschwert über dem idyllischen Betrieb hing, entschloss sich Seline für eine weitere Ausbildung als Gemüsegärtnerin. Heute spannen Vater und Tochter zusammen und vereinen jungen Elan mit jahrelanger Erfahrung zu ertragreichen Ernten.

Seline, Gemüsegärtnerei Zurmühle
Close Hand Seine Gemüsegärtnerei Zurmühle
Porträt Seline Gemüsegärtnerei Zurmühle

Frische Erde braucht der Teller
Szenenwechsel: Aufatmen, die Generalversammlung der Luzerner Kantonalbank in der Messe Luzern ist geschafft. Nun warten 4500 hungrige Aktionäre auf das regionale Dreigänge-Menu, eine Spezialität des Caterings der Tavolago. Seit Jahren stammt dessen Vorspeise aus den Gewächshäusern der Familie Zurmühle: Nüsslisalat am Ufer des Vierwaldstättersees gewachsen, 100 % Bio und so frisch, als sei er am Morgen erst geschnitten worden. «Solch grosse Mengen planen wir sorgfältig», erklärt Seline. «Wenn es um die anderen Betriebe der Tavolago geht, die Schiffe oder das Restaurant Stern zum Beispiel, dann ist unsere Stärke die ausgesprochen grosse Flexibilität.»  So sind die Telefonleitungen von Gourmera, dem Vertrieb der Gärtnerei Zurmühle, jeweils bis 23 Uhr nachts für Bestellungen geöffnet. Am nächsten Morgen werden die Produkte entweder in den eigenen Gewächshäusern geerntet oder bei Partnern aus der Region bestellt, um bereits mittags in den Töpfen der einzelnen Küchen zu brodeln. Betriebe, welche die Produkte direkt verarbeiten, sind für Seline und ihre Familie wichtig: «Die Tavolago hat uns schon oft Tomaten abgenommen, welche wir nicht im Handel platzieren konnten. Geschmacklich sind jene perfekt, sie sind lediglich etwas zu weich und somit nicht robust genug. Wir sind froh darüber, wenn sie schlussendlich in einer leckeren Sugo landen und nicht auf dem Kompost.» 

Dach Gewächshaus Gemüsegärtnerei Zurmühle
Etiketten Gewächshaus Gemüsegärtnerei Zurmühle

Abräumen für die Zukunft
Vom Nüsslisalat arbeiten wir uns zum nächsten Gewächshaus vor: Eichblatt- und Kopfsalat sowie Batavia, auch da alles gut. Die saisonale Planung machen Seline und ihr Vater zwar sorgfältig, dennoch gibt es zahlreiche Unbekannten, wie das Wetter: Der lang anhaltende heisse Sommer im letzten Jahr war gut für die Tomaten. Wechselhafte Perioden mit Kälteeinbrüchen wie 2016 hingegen, verlangen grosse Flexibilität. 2016 war auch das Jahr, in welchem die Zurmühles begannen, ihre Produktion endgültig auf Bio umzustellen.

«Obwohl wir als IP Betrieb zertifiziert gewesen sind, waren wir schon immer sehr ökologisch.»

Kein Problem, wie Seline berichtet: «Obwohl wir als IP Betrieb zertifiziert gewesen sind, waren wir schon immer sehr ökologisch.» So gilt Vater Thomas als Pionier, wenn es um den Einsatz von Nützlingen zur Schädlingsbekämpfung geht. Das Zusammenspiel mit der Natur ist für Seline das Schönste und die grösste Herausforderung zugleich: «Das Wichtigste an unserer Arbeit ist der Blick in die Zukunft. Wenn eine Kultur nicht funktioniert, krank wird oder während eines Kälteeinbruchs erfriert, dann darfst du ihr nicht nachtrauern. Du räumst sie einfach ab und setzt neues Gemüse oder Kräuter. Damit du dich bald wieder daran erfreuen kannst.» Es ist Mittagszeit und Seline muss nach Hause zu Mann und Kind. Ich geniesse noch für einen kurzen Moment den weiten Blick über das Wasser: Möglichst konsequent abräumen, um sich bald wieder an Neuem zu erfreuen. Das gilt wohl nicht nur für’s Gärtnern.

Gemüsegärtnerei Zurmühle

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