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Die schöne Fassade des Stern Luzern

Ein Stern in Luzern

Die Sonne scheint verschlafen auf die Pflastersteine des Kleinstadtquartiers. Ein gemächlicher Samstagmorgen. Vor 500 Jahren muss es hier wohl anders zu und her gegangen sein. Schliesslich blühte der Handel. Die Stadt war ein Knotenpunkt, wo sich müde Reisende stärkten. Davon erzählt die Burgerstrasse noch heute.

Das gepflegte Gebäude reiht sich neben anderen, sorgfältig sanierten Bauten ein. Ein goldiger Schriftzug schmückt die Fassade. Über der Eingangstür ist ein kunstvoll gefertigtes Schild angebracht worden. Ich hebe meinen Blick und lese: «Hotel Goldener Stern». Die vielen Wirtshäuser im Kleinstadtquartier entstanden an den wichtigen Strassenkreuzungen der mittelalterlichen Handelswege. Noch heute ist es möglich, in ihre Geschichten einzutauchen. In längst vergangene Zeiten, die sich im neuen Kleid präsentieren. So wurde aus der «Weinschenke zum Sternen», welche 1524 zum ersten Mal in den Schriften der Stadt erscheint, 1655 das «Hotel Goldener Stern». Jenes wechselte ständig seine Besitzer, bis 1970 die Ära der Familie Amrein begann.

«An diesem Tisch haben wir 1970 den Kaufvertrag unterschrieben. Damals befand sich die Beiz im zweiten Stock, unten war der Empfang.»

Im Innern des grossen Hauses verbinden sich rustikale Elemente mit modernem Flair. Im STERN Luzern, wie er heute heisst, gibt es eine Bar, acht Hotelzimmer und ein Restaurant auf zwei Etagen. Dort hat Lydia Amrein bereits Platz genommen. Sie erinnert sich: «An diesem Tisch haben wir 1970 den Kaufvertrag unterschrieben. Damals befand sich die Beiz im zweiten Stock, unten war der Empfang.» Die rüstige Dame war Gastgeberin aus Leidenschaft. Sie hiess die Reisenden willkommen, wusch Bettbezüge und Handtücher, koordinierte die Reservationen und versorgte während der Zimmerstunde ihre drei Kinder. Ehemann Adolf wirkte in der Küche und kümmerte sich um die Buchhaltung. Freizeit? Die gab es selten. Das Hotel war ihr viertes Kind.

Familiensache
Sohn René und Ehefrau Christina setzen sich zu uns, es ist Mittagszeit. Nach wie vor ist dieses wunderschöne Haus im Besitz der Familie, die Tavolago übernahm den Betrieb 2012 als Pächterin. Gestern sind die Amreins aus dem Urlaub zurückgekehrt: Eine Woche lang Schnee und Berge, früher wäre das kaum möglich gewesen.

Gern gesehene Stammgäste: Familie Amrein
Prost am Mittag

1985 übernahmen auch René und Christina Aufgaben im stetig wachsenden Betrieb. Damals waren die beiden bereits in der Gastronomie zu Hause, reisten jedoch viel und gerne. So hätte es auch eine eigene Taverne in Griechenland sein können. Es kam anders. Der STERN wurde zum Zentrum, um welches sich alles drehte. Das Restaurant etablierte René als bekannte Adresse für Fisch und als wichtigen sozialen Treffpunkt. Gemeinsam mit Christina. An die heiteren Mittagsstunden erinnert sie sich besonders gerne: «Wir hiessen viele Stammgäste willkommen. Und hatten immer ein Zimmer bereit, wenn sich eine der hoch betagten Damen, die Mittags bei uns assen, nach einem üppigen Mahl ausruhen wollte. Den Cognac oder Kräutertee gab’s jeweils mit dazu.»

Die Vorspeise des Stern im Weckglas

Die junge alte Beiz
Auch wir haben Fisch bestellt, als Vorspeise im Weckglas. Seit die Tavolago 2012 den Betrieb übernommen hat, wird auf den Tellern Nostalgie mit Neuem kombiniert - Weckgläser mit wechselnden Kreationen aus der Küche.

En Guete im Stern Luzern

Auch sonst hat sich vieles verändert und das ist ganz im Sinne der Amreins. Jahrelang arbeitete René 60 Stunden pro Woche. Christina setzten vor allem die langen Abendschichten zu, schliesslich hatte sie 2 Kinder zu versorgen. Einen Geschäftsführer einzustellen kam nicht infrage, dafür steckte zu viel Herzblut im Betrieb, René konnte nicht loslassen. So entschieden sie sich den Stern zu verpachten und beruflich neue ruhigere Wege einzuschlagen. Bis heute haben sie diesen Schritt nicht bereut und zählen selbst zu den Stammgästen der jungen alten Beiz.

«Wir haben so oft am Limit gearbeitet, der Druck war gross. Ich freue mich sehr darüber, dass es dem STERN so gut geht, und geniesse es, selbst nicht mehr direkt involviert zu sein.»

Wenn alle Tische besetzt sind und es in der kleinen Küche brummt wie in einem Bienenhaus, dann lehnt sich René erleichtert zurück: «Wir haben so oft am Limit gearbeitet, der Druck war gross. Ich freue mich sehr darüber, dass es dem STERN so gut geht, und geniesse es, selbst nicht mehr direkt involviert zu sein.» Christina hingegen, sie wird in diesen Momenten unruhig. Gerne würde sie aufspringen und das Team verstärken. Und Lydia Amrein? Die rüstige Dame würde wohl heute noch im Stern nach dem Rechten sehen und die Gäste willkommen heissen.

Die Familie Amrein vor dem Stern Luzern

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