Feierabendbier mit Felix Graf, Betriebsleiter Gastronomie Messe Luzern

Felix, es ist 16 Uhr und du hast Feierabend. In einem normalen Jahr wärst du wohl mitten in der Planung diverser Grossevents oder direkt involviert vor Ort. Was ist heute anders?
Da hast du recht. Der grösste Unterschied ist zum einen, dass ich meistens allein bin. Mein Messe-Team ist in der Zwischenzeit massiv geschrumpft. Heute arbeitet nur noch etwa 35% der Besatzung, die vor Corona in der Messe tätig war.
Und zum anderen: Ich arbeite weniger als letztes Jahr. Monatssaldos mit 300 Arbeitsstunden, wie es sie vor Corona gegeben hat, bewegen sich nun eher zwischen 50-70 Stunden. Am Anfang der «Coronazeit» bestand der Arbeitsinhalt vor allem darin, Schutzmassnahmen zu definieren, Hygienekonzepte zu schreiben, Angebotsanpassungen vorzunehmen und die wenigen Anlässe, die noch nicht abgesagt wurden, nach Möglichkeit durchzuführen. Dann kam der Lockdown und dementsprechend fast 100% Kurzarbeit.
Wie sieht dein Arbeitsalltag denn heute aus?
Durch das Impfzentrum in der Messe Luzern gibt es wieder ein wenig Arbeit. Heute läuft der gastronomische Teil jedoch im «Ein-Mann-Betrieb». Ich bin nicht mehr nur der Koordinator, Planer und Leiter des Teams, sondern tätige Bestellungen, bereite das Essen für die rund 70-90 Personen vor, die wir täglich verpflegen dürfen. Das Schöpfen des Essens gehört dabei ebenso dazu wie das anschliessende Abwaschen und Erstellen des Mise-en-Place. Jeden einzelnen Job, den es hier gibt, übe ich selbständig aus. Das geht allerdings nicht nur mir so, sondern allen Mitarbeitenden der Gastronomie in der Messe Luzern. Früher waren wir ein eingeschworenes Team, heute sind wir höchst selten einmal zu zweit am Arbeiten. Entsprechend fehlt dieser gegenseitige Austausch komplett.

Trotzdem gab es einige wenige Anlässe, die stattgefunden haben.
Genau, zum Beispiel die Kantonsratssessionen. Diese mussten in einer Form stattfinden. Jedoch in einem Setting, bei dem die Abstände eingehalten werden konnten. Da war die Messe Luzern mit ihrer Grösse perfekt dafür.
Momentan finden die Impfungen statt und ihr verpflegt die Mitarbeitenden, Ärzte und Helfer..
Genau. Insgesamt dürfen wir pro Tag zwischen 60-90 Essen schicken. Es sind vor allem Personen vom Zivilschutz und Zivildienst und Personal aus dem Gesundheitswesen. Zudem gibt es Helfer:innen von anderen Branchen, die ebenso stark von der Pandemie betroffen sind, die hier mithelfen und so einen benötigten Zustupf erhalten.
Wenn ich dir vor 3 Jahren gesagt hätte, die Messe Luzern steht einmal still und es wird hier nur noch geimpft, was hättest du mir geantwortet?
Du hast viel Fantasie 😊. Das hat ja nun wirklich niemand für möglich gehalten. Am Anfang habe ich es belächelt und gedacht, das gibt für einmal einen ruhigen März. Jetzt, über 1 Jahr danach, sind wir immer noch mittendrin.
Die Aussichten sind ja nicht toll, das Impfzentrum wird ja auch nicht ewig hier bleiben..
Das Impfzentrum wird sicher bis im Sommer bleiben. Aber die grossen Anlässe, auf die wir hier spezialisiert sind, werden sicher noch längere Zeit ausbleiben. Diese benötigen je nach dem bis zu einem halben Jahr Vorlaufzeit für die Organisation und Planung. Durch die Planungsunsicherheit, die nach wie vor besteht, werden momentan nicht wirklich Anlässe geplant.
Das heisst, du kannst an 2 Händen abzählen, wie viele Anlässe es bis Ende Jahr geben wird?
Ja, definitiv. Kleinere Anlässe wird es bis zum Jahresabschluss sicher noch geben, aber das grosse Geschäft wird erneut ausbleiben.


Damit wir ein «Gespür» davon kriegen, wie es vor Corona war, kannst du uns sagen, wie viele Anlässe ihr pro Jahr gemacht habt?
Das ist extrem unterschiedlich, weil es schlussendlich nicht auf die Anzahl, sondern eher auf die Grösse der Anlässe darauf ankommt. Es konnte durchaus sein, dass wir am selben Tag 5 unterschiedliche Anlässe bedienten. Manchmal aber auch nur einen am Wochenende, dafür ein grosser.
Denkst du, dass es Grossveranstaltungen - wie es sie vor Corona gegeben hat - im gleichen Stil wieder geben wird? In Bezug auf Abstand, Maske, Anzahl Teilnehmende.
Es wird sicher eine längere Übergangsphase geben mit Restriktionen und Einschränkungen, aber irgendwann glaube ich, dass wir wieder zurück zum früheren Alltag können. Ich glaube, es wird einen Knall geben. Die Leute werden wieder feiern wollen, wenn man wieder darf. Schlussendlich glaube ich nicht, dass sich der Mensch langfristig ändert.
Die Digitalisierung wird sicher auch einen Einfluss in der Eventbranche haben. Aber ausschliesslich digitale Meetings werden nicht Vorderhand nehmen. Der persönliche Kontakt wird nach wie vor wichtig sein und kann nicht durch einen digitalen Anlass am Bildschirm ersetzt werden. Niemals.
Schönes, positives Schlusswort – damit beenden wir das Interview und dich lasse dich wieder in dein Ein-Mann-Betrieb springen. Vielen Dank, Felix
Anzahl Anlässe vor der Pandemie
Seminaranlässe: zwischen 50 – 350 Leute, 50-70x im Jahr
Messen und Events: zwischen 20-25 Anlässe, davon ca. 10 Grossanlässe
Total zwischen 80 und 100 Anlässe
