Erinnern sie sich an die goldigen Zeiten der grossen TV-Shows? An «Teleboy», «Verstehen sie Spass» oder «Benissimo»? Als die Strassen am Samstagabend leer gefegt waren und sich die Familien um den heimischen Fernseher scharten wie um ein grosses Lagerfeuer? Dem Mann, welchem wir diese Produktionen zu verdanken haben, sitze ich in Zürich gegenüber.
An den Wänden hängen goldene Schallplatten, Plakate, Trophäen und von Hand signierte CDs: «Diese Musiker haben alle in meinen Shows gespielt», berichtet Max Sieber. «Sting war besonders angenehm. Er kam alleine, biss in einen Apfel und sagte: ‹Da bin ich. Wo soll ich spielen.› Andere schickten uns lange Cateringlisten zu. Die Ausgefallenste war jene von Robbie Williams, obwohl er sonst nett und unkompliziert war.» Der gebürtige Luzerner weiss viele Anekdoten zu erzählen, aus über 40 Jahren Fernsehgeschichte. Seine Laufbahn begann jedoch unglamourös mit schmerzenden Füssen und Schlamm im Gesicht. Sie begann in der RS. Damals stiftete ihn ein Kamerad dazu an, sich nach dem Militär beim Schweizer Fernsehen zu bewerben. Sieber, der Filmregisseur werden wollte, zögerte nicht lange: «Damals war die SRG in den Kinderschuhen und suchte händeringend nach Mitarbeitern. Sie hätten wohl jeden genommen.»

Reiches Schaffen
Der erste Strassenfeger, welchen Sieber produzierte, hiess «Grüezi mitenand». Die Gastgeber Rosmarie Pfluger und Kurt Felix zogen aus, um wertvolle Bauten vor dem Abriss zu retten. 1972 machte der Tross auch in Luzern halt, wo die Dampfschiffe der SGV dem technischen Fortschritt weichen mussten. In der Liveshow am Samstagabend wurde Geld gesammelt, um die nostalgischen Dampfer vor dem Schrottplatz zu bewahren. Mit Erfolg. Das Duo «Sieber-Felix», welches sich im Militär gefunden hatte, eroberte die Unterhaltungsbranche im Sturm.


Diese war dem tüchtigen Sieber jedoch nicht genug: Bei Musicals wie «Keep Cool» oder «Jeff» führte er Regie. Er inszenierte José Carreras im Bolschoi Theater in Moskau und arbeitete als Regisseur bei grossen Fernsehstationen in Deutschland. Daran erinnert er sich gerne, ohne nostalgisch zu werden: «Die gesamte spannende Entwicklung des linearen Fernsehens durfte ich von Anfang an erleben. Bis jetzt. Nun verschwinden die Shows, wie ich sie gemacht habe. Das ist der Zeitgeist. Und das ist gut so.» Sieber denkt jedoch nicht daran, sich auszuruhen. Im Gegenteil. Er kehrt in seine Heimatstadt Luzern zurück. Und wie könnte es anders sein: mit Unterhaltung im Gepäck.

Vorhang auf!
Am 8. Dezember treffen in der Messe Luzern bekannte Schweizer Hits auf karibisches Temperament. Showgrössen wie Nina Havel oder Bo Katzman verpassen dem feurigen Potpourri eine klare Message: Toleranz. In seinem neusten Streich «Heiweh – Fernweh das Musical» würfelt Sieber Hits von Yellow, Gotthard oder Lo & Leduc zu einer bunten Geschichte zusammen. Sie berichtet über Vorurteile, deren Überwindung und unerwartete Chancen. Diese «Compilation-Musicals» sind nicht neu. Vor dreissig Jahren arrangierte der Regisseur für «Jeff» bekannte Countryhits zu einer stimmigen Handlung. Und «Ewigi Liebi» gehört wohl zum Schweizer Kulturgut. Dennoch lässt Sieber Eigenes entstehen und findet in Luzern perfekte Bedingungen dafür: «Wir proben in der Viscosistadt, wo wir das Bühnenbild bereits aufbauen können. Ausserdem hat mich die Möglichkeit, in der grossen Halle 1 der Messe Luzern ein Theater aufzubauen, begeistert.» Für das leibliche Wohl wird die Tavolago sorgen, welche das Publikum sowohl mit einem «Heihweh-Menü» als auch mit einer «Fernweh-Variante» verwöhnen wird. In den Zeiten von Netflix & Co, finden die Lagerfeuermomente, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne, immer seltener statt. Vielleicht ist dieses Musical eine Gelegenheit, solche aufflammen zu lassen: mit vertrauten Melodien, fremden Rhythmen und einer inspirierenden Geschichte.
