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Martin Ries, Betriebsleiter Stern Luzern

Es ist Dienstagabend, 19.30h. Ich sitze gemütlich im Stern, mir gegenüber: Martin Ries, seines Zeichens Gastgeber im Stern. Wir gönnen uns ein Feierabendbier und lassen den Tag rekapitulieren.
Martin Ries, Betriebsleiter Hotel und Restaurant Stern

Wie war er denn – dein Tag?
Hmmm, so ein typischer Montag – obwohl heute ja Dienstag ist. Ich komme aus zwei Tagen frei, aus meinem Wochenende also. Das bedeutet langsam in die neue Woche reinkommen: Sich selber ordnen und auf die Arbeit einstimmen, die Mails checken und beantworten und letzten Tage nachbearbeiten. Mittags war ich dann im Service. Aus ursprünglich zwei reservierten Plätzen wurden dann 25 Gäste. Auch das fühlte sich wie der erste Arbeitstag der Woche an. Und so ging es den ganzen Tag weiter bis jetzt – ein Feierabendbier würde ich nämlich an einem Montag eher weniger trinken.

Lust und Frust des Tages?
Lust des Tages: Heute lief alles so, wie ich es mir vorgenommen hatte. Sprich alles ganz Smooth und nach Plan. Das gibt es nicht immer. Frust – die Spülmaschine! Die ist mitten im Service ausgestiegen… Daraus ergab sich aber die Lust 2 des Tages. Dank Alex’s Idee, konnten wir sie selber reparieren und sparten uns so den Monteur und ca. CHF 700.-.

Ok. Und du hast mitangepackt? Auch nicht alltäglich für einen Chef, oder?
Ja, denn ich vertrete die Auffassung, dass man einen Restaurant- und Hotelbetrieb von der Front ausgehend führen muss. Ich will unsere Gäste kommen und gehen sehen, will wissen wie die Mitarbeitenden arbeiten, was ihre Herausforderungen sind und vor allem will ich verstehen, wie alles funktioniert. Für administrative Arbeiten plane ich mir fixe Randzeiten ein, damit ich auch diesen Teil abdecken kann. Aber eben, der Fokus liegt ganz klar auf den Aufgaben an der Front. So übernehme ich auch mal eine Servicestation und kümmere mich von A bis Z um meine Gäste. Das hat den Vorteil, dass ich näher dran bin und beispielsweise bei Kritik viel schneller informiert bin und so auch schneller reagieren kann.

Verstehe. Gibt es aber dennoch Aufgaben hinter den Kulissen, die für dich zentral sind?
Ja klar. Ich glaube die wichtigste Aufgabe eines Betriebsleiters ist es, das Gesamtbild zu wahren. Es ist gut dem Service bei der Reparatur der Spülmaschine zu helfen – um auf das vorige Beispiel zurückzukommen – man muss sich dann aber auch selber wieder rausnehmen, um das «Big Picture» im Auge zu behalten: Wie sieht der Zimmerbuchungsstand der nächsten Wochen aus, habe ich genügend Mitarbeitende für die nächsten Schichten, wurden meine Getränkebestellungen komplett geliefert, nicht, dass wir plötzlich kein Bier mehr haben und so weiter.

Bier ist ein gutes Stichwort. Schwerpunktthema dieser Ausgabe ist die «Bierlaune». Ich zitiere Wikipedia: Unter Bierlaune versteht man einen fröhlichen, leicht angeheiterten Zustand. Auch schon erlebt?
Selbstverständlich. Nachdem ich aufgehört habe zu Rauchen, bleibt das Bier trinken ein (letztes) Laster von mir. Wobei Laster finde ich eigentlich nicht passend. Im Gegenteil: Richtig gute Gespräche entstehen häufig erst nach dem zweiten oder dritten Bier. Man spricht plötzlich offen über Themen, über die man sonst eher nicht redet. Das finde ich spannend.

Du warst früher schon mal für die Tavolago tätig – damals für die Gastronomie Vierwaldstättersee. Hast anschliessend einen Betrieb in Aarau geführt und bist nun seit einem Jahr wieder zurück im Unternehmen. Beweggründe? Auch aus einer Bierlaune heraus?
Nein, dabei hat Bier keine Rolle gespielt. Beweggründe waren: Der unglaubliche Zusammenhalt unter den Kadermitarbeitenden, den ich damals schon in meiner Führungsfunktion bei der Gastronomie Vierwaldstättersee erlebt hatte. Und zweitens: der Stern selbst. Ich fand diesen Betrieb schon seit jeher wahnsinnig schön. Schon damals – noch als Gast - sagte ich mir: Sollte sich irgendwann die Möglichkeit ergeben, dieses Haus zu führen, dann würde ich sofort zusagen. Und so ist es dann gekommen.

Ich nehme an, dass es bei euch auch schon öfters Gäste mit einer Bierlaune gab?
Ja klar. Wir sind eine Beiz und Bierlaunen von Gästen sollen hier selbstredend Platz haben. Als Gastgeber gilt es einfach die Balance zu wahren: Ausgelassene Stimmung zwar gutheissen und bis zu einem gewissen Punkt mitmachen, aber trotzdem die Professionalität wahren. So auch während der Fasnacht, die Zeit der «Bierlaunen» schlechthin.

Erzähl!
Einer ist mir geblieben: Am Güdisdienstag waren wir am Abend schon langsam am runterfahren, die gröbste Zeit mit Halli Galli war vorbei. Plötzlich hörten wir vom Restaurant unten einen riesen Krach. Es fühlte sich an wie ein Live-Konzert mit XXL Verstärkern und tausenden Fans. Als ich runterkam stand, nein vielmehr tanzte, ein einzelnes «Mändli» - so um die 65 Jahre alt – mit einem Ghettoblaster ausgerüstet an unserer Bartheke und feierte sich und das Leben. Die Lautstärke in Kombination mit Helene Fischers Gesang waren schier unerträglich. Ich gab ihm ein letztes Bier auf den Heimweg und wünschte ihm alles Gute.

Das hört sich schon nach mehr als einer Bierlaune an. Martin, vielen Dank für deine Zeit und einen schönen Feierabend.

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